In Vorstellungsgesprächen gehört es schon zum guten Ton, sich selbst als „Perfektionisten“ zu beschreiben. Als Selbstständiger sieht das ganz anders aus: Es ist wichtig, seinen Perfektionismus abzulegen und einen gesunden Umgang mit der eigenen Erwartungshaltung zu lernen. Sonst wirst du mit deinem Business nicht vorankommen und tolle Ideen und Produkte nie veröffentlichen. In diesem Gastbeitrag lernst du, ob du auch ein Perfektionist bist und erfährst 7 Tipps, um deinen Perfektionismus abzulegen.
Du hast tolle Ideen, hilfreiche Blogbeiträge und Produkte, die deine Kunden wirklich helfen könnten.
Es gibt nur ein Problem: Viele dieser Beiträge und Produkte sehen niemals das Tageslicht und sterben einen lautlosen Tod auf deiner Festplatte.
Der Grund?
Du traust dich nicht, mit deinem Produkt oder Service rauszugehen und sichtbar zu werden. Denn es ist noch nicht gut genug, ausgereift oder schön genug,
Kurz: Der verdammte Perfektionismus hält dich davon ab, das zu erreichen, was dir eigentlich wichtig ist. Doch du kannst lernen, deinen Perfektionismus im Zaum zu halten.
Ist das wirklich gut genug?
Da saß ich wie so oft. Ich klicke auf ‚neuem Beitrag erstellen‘, kopiere den Text den ich tagelang mühevoll (mehrmals) vorbereitet habe und dann… verwerfe ich alles wieder und schließe meinen Laptop.
Zu groß ist das Hindernis, mich endlich zu überwinden und die Stimmen im Kopf auszuschalten.
Ist das wirklich gut genug?
Reicht das?
Was wenn auffliegt, dass ich eigentliche keine Ahnung habe?
Und eigentlich habe ich doch einen ganz guten Brotjob.
Außerdem: Was werden meine Freunde und Bekannten denken, wenn ich plötzlich offenbare, woran ich still und heimlich die letzten Monate gearbeitet habe?
Kommen dir diese Stimmen bekannt vor? Darf ich vorstellen: Das ist die Stimme deines Perfektionismus.
Du denkst jetzt vielleicht „ich bin doch gar keine Perfektionistin“!
Ja, das dachte ich auch jahrelang.
Deswegen nenne ich den Perfektionismus auch gerne den “heimlichen Saboteur.“ Denn er kommt meistens sehr gut getarnt und hat viele Gesichter.
Prüf mal, ob dir die unten genannten Punkte bekannt vorkommen und entlarve in Zukunft deine Perfektionismus-Stimme.
5 typische Anzeichen eines Perfektionisten:
1. Extrem hohe Ansprüche
Viel zu oft passiert es mir auch heute noch, dass ich möglichst originelle Texte schreiben oder Podcastfolgen aufnehmen will. Mit dem Ergebnis, dass mein eigener Druck sehr hoch wird und ich die Aufgabe endlos vor mir herschiebe.
Geht es dir manchmal genauso?
Oder vielleicht hast du wie ich damals bereits einen fertigen Onlinekurs oder ein anderes fertiges Produkt. Noch bevor ich ihn veröffentlicht habe, fielen mir auf Anhieb 1000 Sachen auf, die ich gerne noch verbessern will.
Hier noch am Text gefeilt, da war es noch nicht ganz perfekt. Und noch bevor es irgendjemand testen kann und dir Feedback gibt entscheidest du, dass es noch nicht gut genug ist.
2. Radikales Mindset: Alles oder nichts
„Jetzt starte ich so richtig durch“, „Wenn dann schon richtig“.
Wenn dir das bekannt vorkommt, dann fehlt es dir weder an Motivation noch an Ideen.
Und trotzdem kommst du nicht voran.
Dieses Denken übt natürlich enormen Duck aus. Wir denken, wir müssen jeden einzelnen Schritt kennen und planen. Außerdem auf allen social Media Plattformen präsent sein und zu Content-Maschinen werden. Schon der Gedanke daran klingt erschöpfend und du fängst gar nicht erst an.
Das Ergebnis? Nachdem du hochmotiviert gestartet bist, wird dir nach einigen Wochen alles zu viel. Du wirfst völlig gestresst das Handtuch.
3. Die „Wenn-Dann“-Falle
Als ich mit meinem Business gestartet bin, habe ich alles von meiner Homepage abhängig gemacht. „Erst wenn meine Homepage fertig ist, dann werde ich mich zeigen.“
Doch das ist ein Trugschluss. Eine Homepage alleine wird dich nicht erfolgreich machen, wenn du keine Besucher bekommst.
Hier noch ein paar Beispiele aus eigener Erfahrung.
„Erst wenn ich zertifiziert bin, dann kann ich mich zeigen.“
„Erst wenn ich mehr Zeit habe, dann werde ich durchstarten mit meinem Business.“
„Erst wenn ich noch die Ausbildung xyz gemacht habe, dann leg ich los“
Mit dieser Denkweise schiebst du wichtige Entscheidungen vor die her und vertagst deine eigentlichen Wünsche auf ein „später“, was so vermutlich nie eintritt.
4. Überanalysieren und zerdenken
Vielleicht kennst du das: An einem Tag hast du die beste Idee deines Lebens. Und am nächsten Tag denkst du „alles Blödsinn“ und „kann nicht funktionieren“.
Was ist passiert?
Statt sofort mit der Umsetzung zu starten hast du erstmal nochmal genau überlegt.
Und dich dabei auf all die Dinge fokussiert, die mit deiner Idee nicht stimmen. ALLES, was dir im Weg stehen könnte.
Das ist typisch für Perfektionisten.
Hand aufs Herz, wie viele tolle Ideen hast du nie zu Papier gebracht? Oder wie viele Ideen hast du auf deinem Laptop gespeichert, aber sie nie umgesetzt?
5. Ständige Selbstzweifel
Viele Perfektionisten haben einen starken inneren Kritiker. Ich nenne meinen liebevoll „Kalle Kritiker“.
Er flüstert mir meistens folgende Dinge ins Ohr:
„Du bist nicht gut genug“
„Alle anderen sind viel besser ausgebildet als du“
„Du bist nichts Besonderes und deine Ideen gibt es auch schon zig-mal“
Kennst du diese Stimmen?
Sie halten dich davon ab, sichtbar zu werden.
Die genannten Punkte sind nur einige Beispiele, wenn uns unser Perfektionismus still und heimlich den Erfolg sabotiert.
Ich verrate dir etwas, was du vielleicht auch unterbewusst schon weißt:
Perfektionismus ist eine Vermeidungsstrategie. Und sie kann dich viel kosten.
Durch die Bereitschaft und den Mut ehrlich zu mir selbst zu sein, habe ich vor einigen Jahren erkannt, dass das Streben nach Perfektion durch einige Urängste ausgelöst wird.
Ängste, die wir alle in uns tragen, weil wir eben Menschen sind. Die Angst vor Ausgrenzung oder Ablehnung und die Angst vorm Scheitern oder Fehlern.
Ich weiß das genau – und trotzdem tappe ich immer mal wieder in die Falle.
Aber heute komme ich dem heimlichen Saboteur viel schneller auf die Schliche. Ich habe Strategien entwickelt, um den Perfektionisten in mir etwas ruhiger zu stimmen.
Einige meiner seit Jahren bewährten Strategien teile ich hier mit dir.
Perfektionismus ablegen: 7 Tipps, um entspannt deine Ziele zu erreichen
1. Setze dir realistische Ziele
Viele von uns Perfektionisten haben verlernt, was realistische Ziele sind. Wir müssen endlich lernen, dass 100% nicht immer Sinn machen. Mein Tipp: Wähle deine 100% und gehe dann auf 70% runter.
2. Gib deinem Alltag Struktur
Erstelle dir einen Plan für deinen Alltag, in welchen Schritten du deine Ziele erreichen möchtest. Plane dabei Auszeiten, Verschnaufpausen und Zeiten ein, in denen du nichts machen musst,
3. Schritt für Schritt
Auch wenn es uns oft suggeriert wird: Erfolg über Nacht gibt es nicht – auch wenn es manchmal als Außenstehender so scheint. Es dauert viele Jahre, bis man erfolgreich ist und es gibt keine Geheimtipps oder Erfolgsformeln. Lass dich davon nicht entmutigen. Du musst auch nicht von Anfang alles wissen oder können. Mach deine ersten Gehversuche und lernen im Prozess. Business ist ein Marathon, kein Sprint.
4. Fokussier dich
„Energy flows where attention goes. “ Stress dich nicht selbst, nur weil du auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen willst. Konzentriere dich zum Beispiel erstmal auf 2 Social-Media-Plattformen – du kannst später jederzeit erweitern und ausbauen. Und du musst auch nicht zeitgleich Videos, Blogbeiträge und Podcastfolgen erstellen. Konzentrier dich erstmal auf einen Content-Kanal und meistere diesen, bevor du dich verzettelst.
5. Hol dir Unterstützung
Du musst nicht alles alleine machen. Und es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn du nicht alles selber machen willst oder kannst. Ob es um deine Persönlichkeitsentwicklung, Marketing oder Ernährung geht – es gibt Menschen, die dir weiterhelfen können. Ja, es kostet dich Geld – aber es die Ergebnisse und Fortschritte werden dich auch motivieren, dranzubleiben und weiterzumachen.
6. Vergleich dich nicht
Das ständige Vergleichen wird durch deinen inneren Kritiker und somit durch deine Selbstzweifel ausgelöst. Ein Satz, der mir damals sehr geholfen hat schlagartig mit dem Vergleichsspiel aufzuhören war folgender:
„Vergleichen ist ein Spiel das du immer verlieren wirst, denn du vergleichst deine Schwächen mit den Stärken der anderen.“
7. Weniger Denken, mehr machen
Viele Beträge und Podcastfolgen hätte es nicht gegeben, wenn ich zu lange vor der Veröffentlichung darüber nachgedacht hätte. Ein kleines Geheimnis untern uns: Ich finde meine ersten Podcastfolgen schrecklich, ja schon fast peinlich, aber hätte es diese nicht gegeben, gäbe es auch die anderen und wahrscheinlich diesen Artikel nicht.
Also: „Zerdenke“ weniger und setz viel schneller um. Vertraue auf deine Fähigkeiten, den Rest auf dem Weg herauszufinden.
Meine persönliche Erfahrung mit Perfektionismus
Zu guter Letzt und als Ansporn möchte ich noch etwas mit dir teilen:
Früher hatte ich tatsächlich Angst davor, Social Media-Beiträge zu schreiben.
Was werden die anderen denken? Was, wenn ich einen Fehler gemacht habe?
So oft hatte ich etwas geschrieben und dann aus Angst wieder gelöscht.
Und nun standen sie da.
150 Wörter.
Ich holte tief Luft und klicke auf „posten“.
Und plötzlich ist es da: Das Gefühl von Stolz.
Ein strahlen bis über beiden Ohren und eine innere Zufriedenheit, die sich nicht beschreiben lässt.
Ich habe es getan.
Mir wurde eines klar: Um Menschen helfen zu können, um ein erfolgreiches Business zu haben, muss ich mich zeigen. Und das war mein erster Schritt.
Und es sollten noch viele weitere folgen.
Unperfekt? Vielleicht.
Aber manchmal ist das Wichtigste, dass wir überhaupt den 1. Schritt wagen.
Über die Gastautorin
Katharina Siebauer ist Coach für Perfektionisten. Ihr Podcast „Perfectly Imperfect“ handelt davon, wie das Streben nach Perfektion klangheimlich unser Leben sabotiert.
Sie zeigt dir, wie du mit erprobten Strategien und Techniken der Perfektionismus-Falle entkommst und so wieder mehr Leichtigkeit und Spaß ins Leben lässt.
Mehr Tipps teilt sie in ihrem kostenlosen Kurs „In 5 Schritten raus aus der Perfektionismus-Falle“.
Webseite: https://katharinasiebauer.de
Herzlichen Dank für diesen Artikel, der mir ganz aus dem Herzen sprach🙏 Ich werde ihn sicherlich immer mal wieder lesen, wenn ich wieder in meinen Ansprüchen „gefangen“ bin. Alles Liebe … werde jetzt mal Deinen podcast abonnieren 🌈Pia
Vielen Dank Pia – und wir wünschen dir viel Spaß (und wenig Perfektionismus) mit Katharinas Podcast!
„Kalle Kritiker“ ist der interne Dolchstoß
und
Schreiben lernt man nur durch Schreiben.
Das Gleiche gilt beim Reden.