Wie findest du deine Stimme und entwickelst einen einzigartigen Schreibstil? So schreibst du Texte, die zu dir (und deinen Kunden) passen und dich vom Wettbewerb abgrenzen.
Endlich – nach stundenlanger Arbeit ist dein Text fertig.
Doch dann passiert es: Du starrst das Geschriebene an und hast das Gefühl, als ob ein Fremder die Texte verfasst hätte. Es klingt nicht wie du. Die Inhalte passen, aber es werden keine Emotionen transportiert.
Im ganzen Prozess ist deine Botschaft verloren gegangen und fühlt sich einfach falsch an.
„Wie finde ich meine eigenen Stimme?“ – diese Fragen stellen mir Kunden häufig.
Im Marketing-Umfeld wird die eigene Stimme „Marken-Tonalität“ genannt – es ist das Zusammenspiel von Wortwahl, Stil, Tempo, Ideen und Satzstellung. Sie ist vergleichbar mit der Melodie eines Liedes und beeinflusst, wie deine Inhalte emotional wahrgenommen werden.
Die Tonalität bestimmt aber nicht nur deine geschriebenen Texte, sondern jede Form, in der du kommunizierst.
Welche Vorteile hat es, einen eigenen Schreibstil zu entwickeln?
Als Unternehmer möchten wir als stimmige Marke wahrgenommen werden, die sich vom Wettbewerb abhebt. Wir wollen eine starke Gemeinschaft aufbauen, potentielle Kunden begeistern und mutig die eigene Botschaft in die Welt bringen. Dein Schreibstil soll zeigen, was dich einzigartig macht – er sollte daher deine Persönlichkeit und Werte zeigt.
Wie entwickelt man die eigene Stimme?
Prinzipiell gibt es ein Problem: Eine feste „Schreibstil-Formel“ zu liefern wäre, als ob man einem Künstler starre Regeln vorsetzen würden, um ein einzigartiges Bild zu malen. Das ist ein Widerspruch in sich. Denn feste Formeln und Regeln liefern Malen-nach-Zahlen Ergebnisse und helfen nicht dabei, eine einzigartige Stimme zu entwickeln. Statt starrer Regeln möchte ich 7 Tipps mit dir teilen, dir mir in den letzten Jahren geholfen haben, meine zu Stimme finden und mich mit meinem Marketing deutlich wohler zu fühlen.
Legen wir los.
7 Tipps für deinen Schreibstil:
1. Schluss mit der Selbstzensur
Kaum hast du einen Satz zu Ende geschrieben, bist du ihn schon wieder am zerpflücken. „Was für einen Mist habe ich denn da verzapft? Worauf wollte ich da hinaus? Wen interessiert das überhaupt? Lass es sein und geh lieber deine Buchhaltung machen.“
Spätestes wenn ich mir selber mit der Buchhaltung drohe, weiß ich: Da ist wieder mein innerer Kritiker am Werk.
Nachdem ich unzählige Bücher über Kreativität und Mindset gelesen habe, ist eine Sache klar: Du musst deiner Kreativität die Erlaubnis geben, sich auszutoben.
Deine Texte sind wie ein scheues Reh, das zaghaft die ersten Schritte auf die Lichtung wagt. Bitte schieß nicht direkt darauf los, sondern gib ihm Zeit.
Vielleicht ist noch nicht alles perfekt, aber es hat einen Grund, dass du deine Gedanken aufgeschrieben hast. Schreib zunächst einfach los – ungefiltert, unzensiert, roh.
Und dann lässt du deinen Text erstmal liegen und widmest dich anderen Dingen!
Geh spazieren, tanz durch dein Arbeitszimmer oder mach jetzt endlich die blöde Buchhaltung fertig. Egal was, aber lass mehrere Stunden oder sogar ein bis zwei Tage vergehen, bis du dir dein Werk wieder vornimmst.
Die Phase zwischen Entwurf und Überarbeitung ist oftmals eine Zeit, in der komplett neue Ideen entstehen.
Dein Text schwebt unbewusst in deinem Hinterkopf umher, dennoch bist du nicht zwanghaft darauf fixiert. So entstehen oft tolle Einfälle quasi aus dem Nichts (das „Idee-in-der-Dusche-Phänomen“).
Anschließend korrigierst du mit klarem Kopf deinen Text und änderst unklare Passagen ab.
Doch wenn du bereits während des Schreibens in die Zensur gehst, wird alles dabei herauskommen – nur kein ehrlicher, emotionaler Text. Sondern feingeschliffene Plastik-Scheiße, die nicht nach dir klingt.
Zum Thema „innerer Kritiker“ empfehle ich dir wärmstens zwei Bücher von Todd Henry:
The Accidental Creative: How to Be Brilliant at a Moment’s Notice
Die Empty: Unleash Your Best Work Every Day
2. Die richtige Stimmung
Deine Texte lesen sich emotionslos? Dann hast du sie in einem emotionslosen Zustand geschrieben. Ich stehe selber oft vor einem Dilemma: Nehme ich ein vernünftiges oder ein emotionales Thema?
Vernünftig bedeutet: Der Text steht auf meiner Liste und ich weiß, dass er dem Leser weiterhelfen wird. Und dann gibt es die spontane Ideen zu einem Thema, das mir gerade besonders am Herzen liegt. Meisten formuliere ich ganze Passagen schon im Kopf, noch bevor ich mich an die Tastatur setze.
Wenn es die Zeit zulässt, nehme ich fast immer das emotionale Thema. Ich schreibe ehrlicher und (gefühlt) besser, wenn ich gerade mitten in der Emotion bin. Die Worte purzeln nur so über die Tastatur und ich kann mich besser in den Leser hineinversetzen.
Ich könnte auch die vernünftigen Texte schreiben – aber ich weiß, dass ihnen dann dieser gewisse „Spirit“ fehlt, den ich möchte.
Natürlich kannst du nicht immer warten, dass dich die Muse küsst. Doch wenn du den Luxus hast, dir deine Themen selber aussuchen zu können, mach es dir nicht unnötig schwer: Leg dir eine Liste mit Themen an und wähle einfach das aus, worauf du am meisten Lust hast.
(Falls du noch keine Themen-Liste hast, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, dir eine anzulegen. Glaub mir, diese ist Gold wert, wenn dir mal jegliche Inspiration fehlt!)
3. Halt es einfach
Sofern du nicht an einer Doktorarbeit arbeitest, gibt es keinen Grund, hölzern zu schreiben. Wirklich gar keinen.
Faustregel: Fast alles, was du in der Schule gelernt hast, darfst du wieder vergessen.
Versteck dich nicht hinter raffinierten Fachwörtern, Schachtelsätzen oder langen Abhandlungen. Im Marketing gilt: Halt es einfach.
Das bedeutet aber nicht, dass es einfach ist, einfach zu schreiben!
Die klugen Chinesen haben schon früh gewusst:
„Große Kunst ist dann erreicht, wenn man nichts mehr weglassen kann.“
Es ist viel einfacher, kompliziert zu schreiben, als knackig und auf den Punkt.
Frage dich bei allem, was du schreibst: Könnte ich es vielleicht einfacher ausdrücken? Kürzer? Oder anschaulicher?
Hört sich das auch nach mir an oder DENKE ich nur, dass ich so schreiben müsste?
Übe so zu schreiben, wie du sprichst. Und die meisten reden nicht hochgestochen oder in ewig langen Schachtelsätzen.
Wenn du mit deinem Text fertig bist, lies ihn laut vor. Wenn du dabei stolperst oder es sich seltsam unbekannt anhört, schreib diese Passagen um.
Tipp: Stell dir beim Schreiben vor, dass du gerade mit deinem Lieblingskunden am Tisch sitzt und dich bei einem guten Kaffee unterhältst. So werde die Inhalte oft lockerer und natürlicher.
4. Sei ein Dieb
Was, du sollst klauen?
Ja, ich stifte dich offiziell dazu an – jedenfalls, wenn es um deinen Schreibstil geht.
Wir alle lernen am besten durch Nachahmung. Und daran gibt es nichts auszusetzen. Ich habe mehrere Vorbilder und Inspirations-Quellen, von denen ich „klaue“. Nicht die Ideen oder die Texte.
Ich schaue mir ihren Schreibstil genau an:
- Warum finde ich sie so toll?
- Wie schaffen sie es, mich zu begeistern oder Emotionen zu wecken?
- Welche Art von Worten wählen sie?
- Wie ehrlich sind sie?
- Wie kommunizieren sie?
- Welchen Eindruck habe ich von ihnen als Mensch?
Deine Vorbilder sagen viel darüber aus, was du schätzt. Wenn du genau hinsiehst, wirst du ein Muster erkennen, was genau dich begeistert. Bei mir zeigte sich, dass ich sehr ehrliche Menschen schätze, die kompromisslos zu ihren Überzeugungen stehen.
Bei einer Person fand ich die inspirierenden Worte großartig, bei einer anderen die Ehrlichkeit oder den Humor. Daraus habe ich meinen eigenen Stil-Cocktail erstellt.
Wie sieht es mit deinen Vorbildern aus? Was haben sie gemeinsam?
Also klau, was das Zeug hält – und entwickle daraus deinen ganz eigenen, individuellen Stil.
5. Dein Schreibstil entwickelt sich
Eines garantiere ich dir: Du wirst nicht innerhalb von ein paar Wochen deine Stimme finden.
Es dauert Monate bis Jahre, bis man einen Stand erreicht hat, wo man sagen kann: „Das passt zu mir. So fühle ich mich wohl.“ Das lernst du nur durch den Prozess, durch Trial-and-Error.
Sieh es als Experiment und teste dich aus.
Die eigene Stimme zu finden geht Hand-in-Hand mit deiner persönlichen Entwicklung. Genauso wie ein Baum nie aufhört zu wachsen, bist du nicht irgendwann damit fertig.
Darum „findest“ du deinen eigenen Stil auch nicht, sondern entwickelst ihn weiter.
Wenn ich mir frühere Texte ansehe, schaudert es mich kräftig und ich schäme mich im Nachhinein für den Mist, den ich da geschrieben habe. In einigen Jahren denke ich bestimmt auch so über meine aktuellen Texte.
Trotzdem lassen wir uns ja nicht davon abbringen, raus zu gehen und uns zu zeigen, oder?
Deine eigene Stimme unterliegen einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess – hab Spaß dabei!
6. Hab den Mut, dich zu zeigen
Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich schon zitternd vor Computer gesessen habe und gezögert habe, etwas raus in die Welt zu schicken.
Ich schielte auf den Enter-Button und fragte mich: „Soll ich? WIRKLICH JETZT?“
Solche Situationen zeigen dir, dass du gerade im Begriff bist, über deine Komfortzone hinaus zu gehen.
Und das ist sehr wichtig.
Den eigene Schreibstil zu entwickeln macht angreifbar. Zu zeigen, wer du wirklich bist, macht verletzlich. Und das mögen viele nicht – es ist oft schwer genug, uns im Privatleben verletzlich zu zeigen. Dann auch noch in meinem Marketing?
Klare Antwort: Ja! Ich empfehle dir aus vollem Herzen, dieses Risiko einzugehen.
Selbst wenn dir der Arsch auf Grundeis geht.
Der größte Teil der Menschen ist weitaus toleranter, als man sich das vorstellt. Es gibt immer ein paar Idioten, die nur meckern und denen nichts passt, was du zu sagen hast.
Ignoriere sie rigoros. Der weitaus größere Teil wird es schätzen, wenn du ehrlich bist.
Zwar wird niemand mit einem Konfetti-Regen und Champagner auf dich warten und dir gratulieren, aber du wirst es merken: Durch Aussagen wie: „Endlich sagt das mal jemand“, „Mir geht es genauso“ oder „Als ob du meine Gedanken lesen könntest.“
Daran erkennst du, dass du auf dem richtigen Weg bist.
Du wirst andere Menschen nicht berühren oder begeistern, wenn du nur in deiner sicheren Zone bleibst. Dafür musst du etwas wagen.
Wir alle wünschen uns ehrliche Menschen mit Integrität, die zu sich und ihren Werten stehen. Damit meine ich nicht, dass du ab sofort arrogant durch die Welt gehst und keine andere Meinung mehr duldest. Es bedeutet, bei dem, was dir wirklich wichtig ist, standfest zu bleiben.
Vorteile, wenn du deine Komfortzone verlässt:
Du:
- bist stolz auf dich, weil du keine faulen Kompromisse eingehst.
- findest Menschen und Kunden, die genau deine Art schätzen und brauchen.
- führst viel offenere und ehrliche Gespräche anstatt oberflächlichem Smalltalk
- inspirierst andere, ihren Weg zu gehen
- trainierst deinen Mut-Muskel und entwickelst dich schneller weiter
7. Achte deine Werte
Als ich das Tattoo auf seinem Oberarm mit dem Schriftzug „Selfmade“ laß, hätte ich es besser wissen müssen: Dieser Kunde und ich werden niemals gut zusammenarbeiten.
Er war laut, aufgeblasen und brauchte jemanden, der für ihn „das ganze Marketing-Zeug regelt.“
Was soll ich sagen? Ich war zwar nicht mehr so jung, brauchte das Geld aber trotzdem, weil ich noch am Anfang stand.
Du kannst dir denken, wie es weiter ging: Es gab nur Ärger, ich arbeitete viel zu viel für sehr wenig Geld und war die ganze Zeit unzufrieden. Dennoch bin ich ihm heute dankbar: Dadurch weiß ich ganz genau, welche Kunden ich auf keinen Fall will.
Gott sein Dank habe ich im Laufe der Jahre großartige Menschen kennengelernt, mit denen die Zusammenarbeit eine Freude ist.
Jeder von uns hat einen festen Kern von Werten, die ihn zu einer besonderen Persönlichkeit machen. Und jede getroffene Entscheidung führt uns entweder vom Kern weg oder näher zu ihm zurück.
Es ist sehr wichtig, dass du deinen Kern nicht vergisst und immer wieder überprüfst, ob du auf dem richtigen Weg bist.
- Welche Werte sind dir besonders wichtig? Wie zeigt sich das in deiner Arbeit?
- Welchen Kunden möchtest du helfen?
- Womit willst du ihnen helfen?
- Was möchtest du auf keinen Fall?
- Was kannst du besonders gut?
- Wie spiegeln sich deine Werte in deinem Marketing wider?
Eine Hochzeits-Fotografin hat mal erzählt, dass es ihr oberstes Ziel ist, dass es den Brautpaaren Spaß macht, beim Shooting zu sein und eine lockere Stimmung vorherrschen soll. Ihr kompletter Prozess und Kommunikation ist auf dieses eine Ziel hin ausgerichtet.
Nach der Hochzeit befragt sie dann das Brautpaar und prüft, ob Worte wie „Spaß“, „entspannt“, „lustig“, „locker“ etc. vorkommen. So erkennt sie, ob sie auf dem richtigen Weg ist. Ein pragmatischer Ansatz, oder?
Du findest deine Stimme nicht, wenn du deine Werte nicht kennst. Wenn du die Antwort nicht kennst, warum es dein Unternehmen überhaupt gibt. Was deine Vision hinter allem ist.
Fazit
Ich hoffe, diese Tipps unterstützen dich, deinen eigenen Schreibstil zu finden. Es ist zwar viel Arbeit, wird sich langfristig aber definitiv auszahlen, weil es eine positive Sogwirkung hat: Du wirst passende Kunden und Gleichgesinnte anziehen, eine starke Gemeinschaft aufbauen und somit deine Botschaft mutig in die Welt bringen. Und darum sind wir doch hier, oder?
Hast du noch einen Tipp, um den eigenen Schreibstil zu entwickeln? Dann hau in die Tasten und lass mir einen Kommentar da.
Hallo Annika,
danke für diese Tipps. Sie sind genau, was ich brauche und es ist, als ob du meine Gedanken gelesen hättest. Ok, das war jetzt aufgesetzt, aber ich erkenne mich ganz gut wieder… weil ich eben in dem Prozess stehe, meine Texte oft zum … finde, und sie dann trotzdem veröffentliche.
Was mir dabei ungemein hilft – meine liebe Frau, welche die Texte liest und erbarmungslos zerlegt. Tut weh, hilft mir aber auf meinem Weg weiter…
Schönes Wochenende!
Michael