Hattest du schon mal Kunden, bei denen du dir im Nachhinein gewünscht hättest, nicht mit ihnen gearbeitet zu haben? Bei denen du dachtest: „Hätte ich doch bloß auf mein Bauchgefühl gehört“ oder „Das war das Geld echt nicht wert?“ Wenn man die Gründungsphase hinter sich gelassen hat, wird es immer wichtiger, mit seinen Wunschkunden zu arbeiten. In diesem Beitrag erfährst du, wie du mehr von deinen Wunschkunden findest und woran du unpassende Kunden im Vorfeld erkennst.
Jeder kennt den Spruch: „Tue, was du liebst und du musst keinen Tag mehr arbeiten.“
Leider hat dieser Spruch einen gravierenden Fehler: Er vernachlässigt, dass ein Unternehmen ohne Kunden nicht überleben kann. Egal, wie sehr dich deine Arbeit erfüllt – wenn du mit den falschen Kunden arbeitest, wird bald jegliche Freude im Keim erstickt.
Mir ging es zu Beginn meiner Selbstständigkeit genau so.
Damals bot ich noch das komplette Marketingagentur-Programm an, inklusive Logo- und Designentwicklung. Es lief gut. Denn das Erste, was Neugründer wollen ist, ein hübsches Logo (egal, ob die Strategie steht oder nicht.)
Bald machte ich über 50 % meines Umsatzes mit Grafik-Leistungen.
Es gab nur ein Problem: Schon bald hasste ich die Logo-Erstellung.
Die Kunden wussten meistens nicht, was sie wollten. Jeder meinte, die Entwürfe im Bekanntenkreis herumzuzeigen und jeden nach seiner Meinung zu fragen. So wurde aus einem vernünftigen Konzept schnell ein Flickwerk und Chaos, aus verschiedenen Geschmäckern und am Ende sah das Ergebnis oft einfach sch**** aus.
Es ging so weit, dass ich mich bald über neue Kunden kaum mehr freuen konnte. Ich entschloss mich also, die Design-Entwicklung komplett zu streichen.
Und büßte damit auf einen Schlag 50% Umsatz ein.
Lass mich eines klar stellen: Die Entscheidung ist mir damals nicht leicht gefallen!
Dennoch was es im Rückblick genau die richtige Entscheidung und heute mache ich 100 % meines Umsatzes mit Leistungen, die ich gerne anbiete und Kunden, die ich sehr schätze.
Ich bin damals falsch an die Sache herangegangen: Ich bot Leistungen an, die ich (noch) mochte und suchte dann Kunden, die bereit waren, dafür zu zahlen.
Frei nach dem Motto: Ich nehme jeden Kunden, den ich bekommen kann. Hauptsache er hat einen Puls und kann mich halbwegs bezahlen.
Im Laufe der Zeit habe ich ein Wunschkunden-Profil entwickelt: Kunden, mit denen ich richtig gerne arbeite und die am meisten von meinen Fähigkeiten profitieren können. Diesen Kunden habe ich mich verpflichtet – was auch bedeutet, meine Fähigkeiten und Angebote immer weiterzuentwickeln, um ihnen besser helfen zu können.
Aber was genau sind Wunschkunden?
Kunden, die man sich erträumt?
Was sind Wunschkunden?
„Wunschkunde“ ist leider ein unglücklicher Begriff. Er hört sich danach an, als ob man mit rosaroter Brille darauf wartete, dass perfekte Kunden automatisch zu einem geflogen kommen. (Oder geheime Rituale beim Mondschein ausführen müsste, um sie heraufzubeschwören.)
Das ist natürlich nicht gemeint.
Ein Wunschkunde (auch „Kundenavatar“ oder „Zielgruppe“ genannt), ist ein Kunde, mit dem die Arbeit Spaß macht und der von deinen Leistungen profitiert.
Beim Wunschkunden geht es um mehr als rein faktische Merkmale wie Geschlecht, Alter oder Wohnort. Dein Wunschkunde ist auch ein Repräsentant bestimmter Werte und Überzeugungen, die es euch ermöglichen, so angenehm und effektiv wie möglich zusammenzuarbeiten.
Doch warum solltest du dir überhaupt die Mühe machen, deine Wunschkunden herauszufinden?
Ist es nicht besser, mit jedem Kunden zu arbeiten – weil das schließlich Umsatz bedeutet?
Darum solltest du unpassende Kunden ablehnen
Zu tun, was man liebt, ist nur eine Seite der Medaille. Langfristig ist genauso wichtig, dass du überwiegend mit deinen Wunschkunden arbeitest.
Denn nur dann kannst du wirklich frei und erfüllt arbeiten (und aus diesem Grund sind wir ja selbstständig, oder?).
Mein Rat: Such dir deine Wunschkunden so sorgsam aus wie deine Freunde.
Und lehne unpassende Kunden ab.
10 Anzeichen, dass du NICHT mit deinen Wunschkunden arbeitest:
- Die Neukundenakquise ist sehr aufwendig
- Du musst viel Überzeugungsarbeit leisten
- Du kannst keine angemessenen Preise verlangen
- Deine Kunden nerven 😉
- Kunden vertrauen dir nicht genug
- Es entstehen ständig Missverständnisse
- Die Ergebnisse sind nicht richtig zufriedenstellend
- Du erhältst kaum Weiterempfehlungen
- Du läufst deinen Kunden ständig hinterher
- Du fühlst dich nach der Zusammenarbeit kraft- und energielos
Vielleicht hört es sich für dich arrogant oder sogar total irrational an, Kunden abzulehnen und den damit einhergehenden Umsatz zu verzichten.
Aber lass es mich erklären:
Mit den falschen Kunden zu arbeiten, kann dich viel kosten.
Nicht nur, dass du wenig Freude an deinem eigenen Business verspürst, sondern es gibt da auch noch die Opportunitätskosten.
Klar ist: Zeit, die du mit falschen Kunden verbringst, ist unwiderruflich verloren. Zeit, die du damit verbringen könntest, mit den RICHTIGEN Kunden zu arbeiten (oder dich weiterzubilden. Oder wenigstens mit einem Ben&Jerrys und einer guten Netflix-Serie zu entspannen).
(Kurzer Einschub für Neugründer: Am Anfang ist es absolut normal, erstmal mit jedem Kunden zu arbeiten, den man kriegen kann! Sei zu Beginn nicht zu wählerisch und sammle dafür im Gegenzug wertvolle Praxiserfahrung, ob positiv oder negativ. Im Laufe der Zeit kannst du dann deinen Idealkunden weiter verfeinern und mit steigenden Anfragen unpassende Kunden ablehnen.)
Welche Vorteile es hat, mit Wunschkunden zu arbeiten
Die Vorteile, mit den richtigen Kunden zu arbeiten, sind zahlreich:
Du…
- hast Energie, um deine beste Arbeit abzuliefern
- fühlst dich gestärkt und inspiriert
- verstehst, was Kunden wirklich bewegt (weil du ihnen oft ähnlich bist)
- fühlst dich erfolgreich und selbstbewusst
- siehst auch den finanziellen Erfolg
- musst weniger Überzeugungsarbeit leisten und vereinfachst dein Marketing
- entfachst mit jedem Kunden deine Leidenschaft neu
- wirst angetrieben, immer besser zu werden
Man kann einen Menschen nur überzeugen, wenn man ihn liebt.
Martin Buber
Wie du in 3 Schritten deine Wunschkunden findest
Schritt 1: Arbeite mit unterschiedlichen Kunden
Zu Beginn deiner Selbstständigkeit hast du erst eine vage Vorstellung davon, mit wem du arbeiten möchtest.
Spoiler: Oft sind es andere Kunden, als du vielleicht vermuten magst.
Arbeite mit einer möglichst großen Bandbreite von Kunden zusammen und sammle die nötige Praxiserfahrung, um deinen Wunschkunden immer weiter zu verfeinern.
Ich wollte z.B. am Anfang mit mittelständischen Unternehmen arbeiten, weil diese das nötige Budget haben. Leider wurde neue Marketingideen und Strategien schon bald im Keim erstickt, weil alles durch verschiedene Instanzen laufen mussten. Das machte auf Dauer keinen Spaß.
Eng dich also zu Beginn nicht zu sehr ein.
Es ist z.B. möglich, verschiedenen Zielgruppensegmente zu erstellen und dann auszutesten. (Das Thema Segmente würde hier den Rahmen sprengen, ich werde hierzu aber weitere Inhalte erstellen).
Achtung: Achte auch darauf, ob dich verschiedenen Glaubenssätze daran hindern, Kunden in Betracht zu ziehen!
Beispiel: Ich dachte früher, dass verschiedenen Berufsgruppen kein Geld hätten oder kaum in ihr Marketing investieren würden (arme Künstler und so…). Ich wurde schon sehr oft eines Besseren belehrt.
Lass also deine Kunden selber entscheiden, ob sie investieren können oder wollen.
Schritt 2: Definiere deine wichtigsten Werte
Vielleicht hast du schon mal davon gehört, dass Unternehmen ihre Werte definieren sollten. Werte sind Leitlinien, die dein Marketing stark prägen und dich dabei unterstützen können, die passenden Kunden zu gewinnen. Ebenso sind sie ein Signal dafür, woran du glaubst – ähnlich wie ein Leuchtturm – und damit die passenden Kunden anziehen.
Doch wie findest du deine wichtigsten Werte heraus?
1. Welche Marken oder Unternehmen bewunderst du? Wofür stehen sie?
Schreibe dir Werte auf, die diese Unternehmen für dich repräsentieren. Dies kann dich dabei unterstützen, für dich wertvolle Werte herauszufinden.
2. Definiere deine 5 wichtigsten Werte
Notiere dir nun, für welche 5 Werte du stehen möchtest.
3. Wie kannst du diese Werte in deinem Unternehmen leben?
Werte zu definieren ist das eine – doch sie sind nichts wert, wenn du nicht danach handelst. Wie kannst du diese Werte im Alltag leben? Woran erkennst du, wenn du gegen deine Werte verstößt?
4. Wie kannst du diese Werte für Kunden sichtbar machen?
Nun überlege dir Möglichkeiten, wie du deine Werte für potenzielle Neukunden sichtbar oder erlebbar machen kannst. Dies kannst du z. B. durch dein Design und die Bildsprache, aber natürlich auch durch deine Texte, deine Story oder im persönlichen Gespräch.
(Übrigens: Hier gibt es einen kostenlosen Storytelling-Einsteigerkurs.)
Schritt 3: Entwickle Kundenfilter & Rote Flaggen
Nun kannst du dazu übergehen, Kundenfilter zu entwickeln.
Du entwickelst also Kriterien, die ein Kunde haben sollte, damit ihr so effektiv und angenehm wie möglich zusammen arbeiten könnt. Diese Filter helfen nicht nur dir dabei, die Arbeit zu erleichtern – sie schützen auch die Interessenten, eine falsche Entscheidung zu treffen und unnötig Zeit zu investieren.
Welche Filter das sind, ist stark von deinem Unternehmen und deinen Dienstleistungen abhängig. Es können sowohl messbare Kriterien (z.B. eine bestimmte Umsatzhöhe, Alter, Geschlecht, Wohnort) als auch psychologische oder wertebasierte Kriterien sein.
Beispiel für Kundenfilter:
Meine Kunden…
- mögen kein lautes, aufdringliches Marketing
- sind bereit, Zeit, Geld und Energie zu investieren, um sich weiterzuentwickeln
- sind keine Opfer und suchen nicht die Schuld bei anderen oder äußeren Umständen
- nehmen sich nötige Zeit, um nachhaltige Ergebnisse zu bekommen. Sie sind nicht auf der Suche nach dem nächsten „großen“ Ding
- sind offen für konstruktive Kritik und eine ehrliche Zusammenarbeit
- schätzen Humor und nehmen sich selbst nicht zu ernst
- blicken optimistisch in die Zukunft und agieren eigenverantwortlich
- sind pünktlich und zuverlässig
Notiere nun, welche Merkmale und Eigenschaften dein Wunschkunde haben sollte. Es kann nützlich sein, dir einen realen Kunden vorzustellen, mit dem du bereits erfüllt und erfolgreich zusammengearbeitet hast.
„Rote Flaggen“ definieren
Rote Flaggen sind Warnsignale, dass ein Kunde vermutlich nicht gut zu dir oder deiner Arbeitsweise passt. Es kann sein, dass du im Laufe der Zeit bereits ein Bauchgefühl entwickelt hast, wann eine Zusammenarbeit sinnvoll ist und mit welchen Kunden du nicht arbeiten möchtest.
Es kann wertvoll sein, diese Warnzeichen zu notieren, um sie schneller zu erkennen. Dazu kannst du dir einen sogenannten „Anti-Kunden“ vorstellen, der all das repräsentiert, was du nicht tolerieren möchtest.
Um eines klarzustellen:
Es geht hier nicht um Klischees oder darum, zu pauschalisieren. Rote Flaggen sollen nur ein Hinweis sein, genauer zuzuhören und nachzufragen, um beiden Seiten eine unbefriedigende Zusammenarbeit zu ersparen.
Beispiele für rote Flaggen:
- Herablassung (den Wert deiner Arbeit nicht schätzen, Besserwisser, fehlender Respekt)
- Manipulation (Druck aufbauen, Mitleid erwecken)
- Geiz (ständiges Verhandeln, will immer mehr als vereinbart, möchte Gratis-Arbeiten)
- Unentschlossenheit (vertagt alles auf später, kann sich nie entscheiden)
- Opfer-Haltung (gibt Verantwortung für alles ab)
- Zeitfresser (beanspruchen deine Zeit übermäßig, braucht viel Aufmerksamkeit)
Nützliche Fragen:
- Mit welcher Art von Kunden möchtest du auf keinen Fall arbeiten?
- Welche Charakteristiken oder Verhalten zeigt er/sie?
- Was erschwert dir das arbeiten?
- Was kannst oder möchtest du nicht tolerieren?
- Wie minimierst du das Risiko, mit solchen Kunden zu arbeiten?
Beispiel: Wenn ich mit Kunden zusammen an ihrer Marketingstrategie arbeite, benötigt dies viel Zeit und Vertrauen. Kunden müssen gewillt sein, aktiv mitzuarbeiten und bekommen z.B. Hausaufgaben auf. Ebenso braucht eine Strategie Zeit, bis sie wirkt – es ist also keine Schnellschuss-Methode.
Rote Flaggen sind für mich, wenn ein Kunde beim Erstgespräch unpünktlich ist oder den Termin erst ganz kurz vorher absagt (es sei denn, es ist ein Notfall). Ebenso, wenn er oder sie bereits im Vorfeld bei zahlreichen Experten eine Leistung gebucht hat, aber nicht wirklich ins Umsetzen gekommen ist. Es kann bedeutet, dass er nach einem Geheimrezept sucht, um schneller erfolgreich zu werden oder die Verantwortung abgibt und nicht ins Umsetzen kommt.
Fazit:
Mit deinen Wunschkunden zu arbeiten ist elementar, damit du langfristig erfüllt und erfolgreich dein Unternehmen führen kannst. Die Tipps sollen dich dabei unterstützen, mit den Kunden zu arbeiten, denen du am besten helfen kannst und bei der beide Seiten von der Zusammenarbeit profitieren.
Was sind deine „roten Flaggen“? Ich freue mich auf deine Erfahrung in den Kommentaren!